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begriffe:energie

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 Auch: Energieerhaltungssatz Auch: Energieerhaltungssatz
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 Sowohl Mayer wie auch Helmholtz fanden das Gesetz nicht in der Physik, sondern über den Umweg der Physiologie. Der schwäbische Oberamtswundrat (und physikalische Autodidakt) Mayer hat selbst seine Beobachtungen als Schiffsarzt als Ausgangspunkt seines Nachdenkens über den Erhaltungssatz benannt. Er stellte im wärmeren Klima den geringen Unterschied in der Farbe des arteriellen und venösen Blutes bei erkrankten Matrosen fest und erklärte ihn durch einen geringeren Sauerstoffverbrauch des Organismus im Stoffumsatz. Wie Mayer war auch Helmholtz lange Jahre Physiologe und Mediziner, genauer Chirurg, bevor er 1871 eine Physikprofessur in Berlin erhielt. Wenn Helmholtz (wie auch Mayer) über Fäulnis und Gärung, den Stoffverbrauch bei Muskelaktionen und physiologische Wärmeerscheinungen arbeiteten, so richteten sich ihre Überlegungen gegen die Theorie der Lebenskraft (vis vitalis). Helmholtz gehörte zu denjenigen Schülern Johannes von Müllers, die – mit Emil du Bois Reymond an der Spitze – dagegen einen physikalisch-chemischen Reduktionismus geltend machten. Auch wenn die ‚Lebenskraft‘kaum so explizit und emphatisch gebraucht wurde, wie du Bois-Reymond unterstellte, so lag sie doch zeitgenössischen Auffassungen vom Organismus implizit oder als Platzhalterbegriff zugrunde.\\ Sowohl Mayer wie auch Helmholtz fanden das Gesetz nicht in der Physik, sondern über den Umweg der Physiologie. Der schwäbische Oberamtswundrat (und physikalische Autodidakt) Mayer hat selbst seine Beobachtungen als Schiffsarzt als Ausgangspunkt seines Nachdenkens über den Erhaltungssatz benannt. Er stellte im wärmeren Klima den geringen Unterschied in der Farbe des arteriellen und venösen Blutes bei erkrankten Matrosen fest und erklärte ihn durch einen geringeren Sauerstoffverbrauch des Organismus im Stoffumsatz. Wie Mayer war auch Helmholtz lange Jahre Physiologe und Mediziner, genauer Chirurg, bevor er 1871 eine Physikprofessur in Berlin erhielt. Wenn Helmholtz (wie auch Mayer) über Fäulnis und Gärung, den Stoffverbrauch bei Muskelaktionen und physiologische Wärmeerscheinungen arbeiteten, so richteten sich ihre Überlegungen gegen die Theorie der Lebenskraft (vis vitalis). Helmholtz gehörte zu denjenigen Schülern Johannes von Müllers, die – mit Emil du Bois Reymond an der Spitze – dagegen einen physikalisch-chemischen Reduktionismus geltend machten. Auch wenn die ‚Lebenskraft‘kaum so explizit und emphatisch gebraucht wurde, wie du Bois-Reymond unterstellte, so lag sie doch zeitgenössischen Auffassungen vom Organismus implizit oder als Platzhalterbegriff zugrunde.\\
 Das entscheidende ‚Denkhindernis‘ auf dem Weg zum Energieerhaltungssatz war aber die Theorie eines unwägbaren materiellen Wärmestoffs, wie sie noch (als ‚calorique‘ bezeichnet) von Lavoisier vertreten wurde. Es war nur ein anderer Ausdruck für Mayers Entdeckung von 1842, wenn er als deren „große Wahrheit“ hervorhob: „Es gibt keine immateriellen Materien.“((Robert Mayer, Die Mechanik der Wärme, in: Ostwalds Klassiker der exakten Wissenschaften Bd. 37 (Reprint der Bde. 37, 180 u 99), Frankfurt a.M. 2003, S. 33.)) Für den Begriff der Energie waren drei Erkenntnisse Mayers wesentlich: Erstens erkannte er die Wärmemenge als weitere Kraft neben der kinetischen und potentiellen. Zweitens wies Mayer nach, dass sich Wärme („(d)iese dritte Kraft, deren Wirkungen unser Jahrhundert mit Bewunderung erblickt“) in andere Energieformen umwandeln lässt.((Ebd., S. 14.)) Er abstrahierte dabei von der Frage, was bestimmte Energieformen seien oder wie ihre ‚Metamorphosen’ ineinander vor sich gehen und konzentrierte sich auf rein quantitative Fragen. Mittels Versuche über die Verbrennungsprozesse im menschlichen Körper gelang es Mayer, Lavoisiers ‚Kalorien‘ in den quantitativen Wert des mechanischen Wärmeäquivalents aufzulösen (365 kpm = 1 kcal). Nahezu gleichzeitig, aber unabhängig von Mayer hat 1843 Joule, der sich mit der Effizienzsteigerung von Antriebsmaschinen beschäftigte, das Wärmeäquivalent methodisch präziser berechnen können. Aus der Erzeugbarkeit der Wärme durch mechanische Bewegung folgerte Joule, dass Wärme selber mechanische Bewegung sein müsse. Drittens stellte Mayer die These auf, dass die Summe aller Energieformen in einem abgeschlossenen System konstant sei. Mayer hat sein neues Gesetz auf weitere, insbesondere physiologische Prozesse bezogen (Arbeitsleistung der Muskeln, Fieber, Atmung etc.) und die Vorstellung entwickelt, dass der lebendige Körper eine Art Maschine sei, die die chemische Energie der Nahrungsmittel in eine äquivalente Menge von mechanischer Energie und Wärme umwandle. Damit wurden Unterschiede in der Funktionsweise menschlicher und tierischer Körper verworfen.\\ Das entscheidende ‚Denkhindernis‘ auf dem Weg zum Energieerhaltungssatz war aber die Theorie eines unwägbaren materiellen Wärmestoffs, wie sie noch (als ‚calorique‘ bezeichnet) von Lavoisier vertreten wurde. Es war nur ein anderer Ausdruck für Mayers Entdeckung von 1842, wenn er als deren „große Wahrheit“ hervorhob: „Es gibt keine immateriellen Materien.“((Robert Mayer, Die Mechanik der Wärme, in: Ostwalds Klassiker der exakten Wissenschaften Bd. 37 (Reprint der Bde. 37, 180 u 99), Frankfurt a.M. 2003, S. 33.)) Für den Begriff der Energie waren drei Erkenntnisse Mayers wesentlich: Erstens erkannte er die Wärmemenge als weitere Kraft neben der kinetischen und potentiellen. Zweitens wies Mayer nach, dass sich Wärme („(d)iese dritte Kraft, deren Wirkungen unser Jahrhundert mit Bewunderung erblickt“) in andere Energieformen umwandeln lässt.((Ebd., S. 14.)) Er abstrahierte dabei von der Frage, was bestimmte Energieformen seien oder wie ihre ‚Metamorphosen’ ineinander vor sich gehen und konzentrierte sich auf rein quantitative Fragen. Mittels Versuche über die Verbrennungsprozesse im menschlichen Körper gelang es Mayer, Lavoisiers ‚Kalorien‘ in den quantitativen Wert des mechanischen Wärmeäquivalents aufzulösen (365 kpm = 1 kcal). Nahezu gleichzeitig, aber unabhängig von Mayer hat 1843 Joule, der sich mit der Effizienzsteigerung von Antriebsmaschinen beschäftigte, das Wärmeäquivalent methodisch präziser berechnen können. Aus der Erzeugbarkeit der Wärme durch mechanische Bewegung folgerte Joule, dass Wärme selber mechanische Bewegung sein müsse. Drittens stellte Mayer die These auf, dass die Summe aller Energieformen in einem abgeschlossenen System konstant sei. Mayer hat sein neues Gesetz auf weitere, insbesondere physiologische Prozesse bezogen (Arbeitsleistung der Muskeln, Fieber, Atmung etc.) und die Vorstellung entwickelt, dass der lebendige Körper eine Art Maschine sei, die die chemische Energie der Nahrungsmittel in eine äquivalente Menge von mechanischer Energie und Wärme umwandle. Damit wurden Unterschiede in der Funktionsweise menschlicher und tierischer Körper verworfen.\\
-In der physikalischen Gemeinde blieb Mayer die wissenschaftliche Anerkennung wegen seiner zum Teil philosophisch-deduktiv dargelegten Entdeckung zunächst versagt. Helmholtz gilt in der Wissenschaftsgeschichte als derjenige, der 1847 als erster das „Princip von der Erhaltung der Kraft“ mathematisch analysierte und seine Funktion in der Physik begründete: „Es ist also stets die Summe der vorhandenen lebendigen und Spannkräfte constant“((Hermann von Helmholtz, Über die Erhaltung der Kraft (1847), in: Ostwalds Klassiker der exakten Wissenschaften, Bd. 1, Frankfurt a.M. 2011, S. 5-62, hier S. 16.)) - wobei der ‚lebendigen Kraft‘ (nach dem auf Leibniz zurückgehenden Begriff der vis viva) die kinetische Energie und der ‚Spannkraft‘ die potenzielle Energie entsprach. Daraus folge, „dass die Summe der wirkungsfähigen Kraftmengen im Naturganzen bei allen Veränderungen in der Natur ewig und unverändert dieselbe bleibt. Alle Veränderung in der Natur besteht darin, dass die Arbeitskraft ihre Form und ihren Ort wechselt, ohne dass ihre Quantität verändert wird. Das Weltall besitzt ein für alle Mal einen Schatz von Arbeitskraft, der durch keinen Wechsel der Erscheinungen verändert, vermehrt oder vermindert werden kann und der alle in ihm vorgehende Veränderung unterhält." (Hermann von Helmholtz, Ueber die Erhaltung der Kraft (1862/63), in: Vorträge und Reden, 5. Aufl., Braunschweig 1903. Bd. 1, S. 227.))+In der physikalischen Gemeinde blieb Mayer die wissenschaftliche Anerkennung wegen seiner zum Teil philosophisch-deduktiv dargelegten Entdeckung zunächst versagt. Helmholtz gilt in der Wissenschaftsgeschichte als derjenige, der 1847 als erster das „Princip von der Erhaltung der Kraft“ mathematisch analysierte und seine Funktion in der Physik begründete: „Es ist also stets die Summe der vorhandenen lebendigen und Spannkräfte constant“((Hermann von Helmholtz, Über die Erhaltung der Kraft (1847), in: Ostwalds Klassiker der exakten Wissenschaften, Bd. 1, Frankfurt a.M. 2011, S. 5-62, hier S. 16.)) - wobei der ‚lebendigen Kraft‘ (nach dem auf Leibniz zurückgehenden Begriff der vis viva) die kinetische Energie und der ‚Spannkraft‘ die potenzielle Energie entsprach. Daraus folge, „dass die Summe der wirkungsfähigen Kraftmengen im Naturganzen bei allen Veränderungen in der Natur ewig und unverändert dieselbe bleibt. Alle Veränderung in der Natur besteht darin, dass die Arbeitskraft ihre Form und ihren Ort wechselt, ohne dass ihre Quantität verändert wird. Das Weltall besitzt ein für alle Mal einen Schatz von Arbeitskraft, der durch keinen Wechsel der Erscheinungen verändert, vermehrt oder vermindert werden kann und der alle in ihm vorgehende Veränderung unterhält." ((Hermann von Helmholtz, Ueber die Erhaltung der Kraft (1862/63), in: Vorträge und Reden, 5. Aufl., Braunschweig 1903. Bd. 1, S. 227.))
  
 ===III. Mechanische Arbeit und kapitalistische Ökonomie=== ===III. Mechanische Arbeit und kapitalistische Ökonomie===
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