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begriffe:affekt

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Affekt


lat. affectus Synonyme Aufregung/ Erregung/ Überreizung/ Überspannung
engl. affect Gegenbegriffe
franz. affect/ passion Unterbegriffe
WortfeldAffizierung/ Affectation/ Affekttat, -handlung, -delikt/ Affektenlehre

Disziplinäre Begriffe

  • Allgemein: ‚Reaktion auf äußere Einflüsse‘; Erregung; Gemütsaufwallung. Heftige Gemütsbewegung (z.B. Wut) die meist mit Veränderungen der Körpervorgänge verbunden ist. Gefühl von besonderer Stärke.
  • Medizin/Psychologie: Verlangen (Trieb); Hang, Neigung, Zuneigung; selten: Krankheit; Gebrechen.
  • Rechtssprechung: Affektat.

Passion (franz.):

  • Medizin/Psychologie: In Sinne von Leiden, Krankheit (Liebeskrankheit).
  • Religion: Passion (Leiden Christi).

Material

A. Primärmaterial

1715 Johann Gottfried Gregorii: Curieuser Affecten-Spiegel, oder auserlesene Cautelen und sonderbare Maximen, die Gemüther der Menschen zu erforschen. Frankfurt/Leipzig, 1715
1728 Francis Hutcheson: An Essay on the Nature and Conduct of the Passions and Affec­tations. With Illustrations of the Moral Sense. By the Author of the Inquiry into the Original of Our Ideas of Beauty and Virtue. London, 1728
1732Zedler, Johann Heinrich: (Art.) Affecten, in: Grosses vollständiges Universal Lexicon aller Wissenschafften und Künste, Bd. 1, S. 398. "Affecten, Passiones, werden die Neigungen in den Gemüthern der Menschen genennet, siehe Philos. Lex. Nach Affekten gehen, ist, z.E. wenn ein Richter, oder Oberherr, einem anderen, welchem er gewogen, gelinde ist, und ihm durchhilft, hingegen wider den anderen, dem er gehäßig, allzu hart verfähret."
1740Walch, Johann Georg: (Art.) Affect, in: Philosophisches Lexicon, 2. verbesserte und mit dem Leben alter und neuer Philosophen vermehrte Auflage. Leipzig, 1740. S. 50-59.
1744 Georg Friedrich Meier: Theoretische Lehre von den Gemüthsbewegungen überhaupt. Halle, ²1759. (Repr. Frankfurt a.M. 1971)
2.2.1757 Gotthold Ephraim Lessing: Brief an Mendelssohn. In: Sämtliche Schriften. Hg.v. Karl Lachmann u.a. 3. aufs neue durchges. u. verm. Aufl. besorgt durch Franz Muncker. 23 Bde. Stuttgart, 1904. Bd. 17, S. 90
1757 Moses Mendelssohn: Von der Herrschaft über die Neigungen. In: Gesammelte Schriften. Jubiläumsausgabe. Hg.v. Ismar Elbogen u.a. Stuttgart/Bad Cannstadt, 1971. Bd. 1

B. Sekundärmaterial

Begriffsgeschichtliche Arbeiten

  • Bernecker, Karl: Kritische Darstellung der Geschichte des Affektbegriffs. Von Descartes bis zur Gegenwart. Berlin, 1915. (Zugl. Diss. Univ. Greifswald, 1914)
  • Brunet, Lucien: Affectivité. Revue de Synthèse 13, (1937) S. 125-130.
  • Dumonceaux, Pierre: Langue et sensibilité au XVIIe siècle. L’evolution du vocabulaire affectif. Genf, 1975.
  • Grimm, Hartmut: (Art.) Affekt, in: Ästhetische Grundbegriffe, Bd. 1. Stuttgart; Weimar, 2000, S. 16-49.
  • Hengelbrock, Jürgen: (Art.) Affekt, in: Historisches Wörterbuch der Philosophie. Hg.v. J. Ritter u. Gründer. Basel/Stuttgart, 1971, Bd. 1, Sp. 89-93.
  • Kellner, Beate: (Art.) Affekt, in: Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft. Neubearbeitung des Reallexikons der deutschen Literaturgeschichte. H. v. Klaus Weimar. Bd. I, A-G. Berlin, 1997, S. 23-25.
  • Kraus, M.: (Art.) Affectatio, in: Historisches Wörterbuch der Rhetorik. Hg. von Gert Ueding. Bd. 1, Tübingen, 1992, Sp. 209-218.
  • Lanz, J.: (Art.) Affekt, in: Historisches Wörterbuch der Philosophie. Hg.v. J. Ritter u. K. Gründer. Basel/Stuttgart, 1971, Bd. 1, Sp. 89-100.
Inhalt: Philosophiegeschichtlich beginnend bei den Vorsokratikern, über Plato und Aristoteles zur Stoa (Zenon). Mittelalterliche Affektenlehre unter dem Terminus 'passio' (Johannes von Damaskus/ Albertus Magnus/ Thomas von Aquin). Neuzeitliche Philosophie: Wandel zu einer engeren Bedeutung des Affektbegriffes. Kurze Erörterung der verschiedenen analogen Begriffe im europäischen Kontext (passio; passion; affectus) (Descartes/ Spinoza/ Humes/ Pascal/ Locke/ Condillac/ Bonnet). Für den deutssprachigen Raum: 'Affect' seit 1526 - synonymer Gebrauch zum Begriff 'Leidenschaft'. Unterscheidung der Begriffe bei Kant (Abwertung der Leidenschaft). Weitere Erörterung des Begriffes 'Leidenschaft' bei Herder, Fichte Hegel, Marx, Kirkegaard, Nietzsche Lenin, Heidegger. Im ersten Drittel des 19. Jhds. die Unterscheidung von 'Affekt' und 'Leidenschaft' in der zeitgenössischen Psychologie und Anthropologie. Gegen Ende des Jahrhunderts eine striktere Definition beider Begriffe (Wundt/ Ribot/ Strasser). Erwähnung 'neuerer philosophischer Literatur' in der zahlreiche Einzelanalysen von Affekten vorgenommen werden, aber keine allgemeine Affekten- oder Leidenschfatentheorie aufgestellt wird wie in der Psychologie (am ehesten noch Sartres und Bloch). Keine Erörterung des Begriffes in der Psychoanalyse und Theologie. Jüngster Literatureintrag 1969.
  • Ott, Michaela: Affizierung, 2010.
Affizierung als ästhetische Figur konturiert sich nicht nur als Stifterin primärer Sinnlichkeit, die zu Wahrnehmung anreizt, Gefühle grundiert und sich im Selbstüberflug zu komplexen Affektartikulationen steigert, sondern auch dividuelle Kunstaffekte generiert, wie anhand verschiedener in den Text eingestreuter Filmbeschreibungen aufgezeigt wird. Als epistemische Figur verweist sie auf Grenzbereiche des Denk- und Formulierbaren und auf disziplinäre Auffächerungen, die auch Kultur- und Naturwissenschaft einander näherbringen.Theorien zum Affektiven haben in der zeitgenössischen Kulturwissenschaft Konjunktur. Allerdings huldigen sie teilweise einem unkritischen Verständnis des Affekts, das die historische Vieldeutigkeit des Begriffs reduziert und kurzschlüssige Deutungen vitaler Prozesse etabliert. Die hier vorgelegte systematische und historische Betrachtung sucht diesem Defizit zu begegnen. Unter Betonung des Terminus der "Affizierung" als Übersetzung von "affection" (frz./engl.) und Variante von "Affektion" zeigt sie eine differenzielle Neubelebung der Begriffsgeschichte an: Im Sinne der Dekonstruktion überkommener Affektklassifikationen, wie sie seit Aristoteles tradiert worden sind, betont sie das Prozessuale und Vielfältige des Affizierungsvorgangs und profiliert ihn als Konstitutions-, Verbindungs- und Artikulationsprozess auf verschiedenen Ebenen. Zusammen mit der Phänomenologie und dem Poststrukturalismus plausibilisiert sie Affizierung als primäre, nicht beobachtbare, aber aus ihren Wirkungen zu erschließende disjunktive Synthese, die zur Erklärung von Phylo- und Ontogenesen, von organischen Anpassungs- und Entfaltungsprozessen, von Subjektkonstitutionen und weitergehenden Sozialkohäsionen, von Sympathiebekundungen und empathischen Denkprozessen, von medialen Interaktionen und nicht zuletzt von Affektartikulationen der Kunst unabdingbar erscheint.
  • Pardines, Maurice: La Notion d’Affectivité en Psychologie. Revue de Synthèse 10, (1935) S. 185-197.
  • Thieme, Ulrich: Die Affektenlehre im philosophischen und musikalischen Denken des Barock. Vorgeschichte, Ästhetik, Physiologie. Celle, 1984. (Sonderdruck aus: TIBIA, "Magazin für Freunde alter und neuer Bläsermusik")
  • Wiegmann, Hermann (Hg.): Die ästhetische Leidenschaft. Texte zur Affektenlehre im 17. und 18. Jahrhundert. Hildesheim; Zürich; New York, 1987. (Germanistische Texte und Studien, 27)
  • Wisse, J., u.a: (Art.) Affektenlehre, in: Historisches Wörterbuch der Rhetorik. Hg. von Gert Ueding. Bd. 1, Tübingen, 1992, Sp. 218-253.
  • Zur Mühlen, Karl-Heinz: Die Affektenlehre im Spätmittelalter und in der Reformationszeit. In: Archiv für Begriffsgeschichte, 35, (1992) S. 93-114.
  • Zill, Rüdiger (1994): Meßkünstler und Rossebändiger. Zur Funktion von Metaphern in philosophischen Affekttheorien. Diss., Berlin 1994.

Sonstige Literatur

  • Alloway, Thomas, Lester Krames u. Patricia Pliner (Eds.): Communication and Affect. Language and thought. (Symposion on Communication and Affect, 2). New York, 1972.
  • (Art.) Affekt, in: Deutsches Fremdwörterbuch. Begonnen von Hans Schulz; fortgeführt von Otto Basler. Bd. 1: A-Präfix - Antike. Berlin, 1995.
  • Bormann, Karl: Zur stoischen Affektenlehre. In: Pathos, Affekt, Gefühl. Hg.v. Ingrid Craemer-Ruegenberg. Freiburg/München, 1981. S. 79-102.
  • Frede, Michael: The Stoic doctrine of the affections of the soul. In: The Norms of Nature Studies in Hellenistic ethics. Ed.: M. Schofield u. G. Stricker. Cambridge, 1986. S. 93-110.
  • Gekle. Hanna: (Art.) Emotion, in: Handbuch religionswissenschaftlicher Grundbegriffe. Bd. II. Apokalyptik – Geschichte. Hrsg. Hubert Cancik, u.a.. Stuttgart u.a., 1990, S. 265-282.
  • Hering, Herbert: Das Problem der Affektion bei Kant. Die Frage nach der Gegebenheitsweise des Gegenstandes in der Kritik der reinen Vernunft und die Kant-Interpretation. Kant-Studien (Ergänzungsheft) 67, 1953.
  • Holler, Ernst: Seneca und die Seelenteilungslehre und Affektpsychologie der Mittelstoa. Kallmünz, 1934.
  • Hübsch, Stefan u. Dominic Kaegi (Hg.): Affekte. Philosophische Beiträge zur Theorie der Emotionen. Reiner Wiehl gewidmet. (Beiträge zur Philosophie). Heidelberg, 1999.
  • Jung, Gertrud: Die Affektenlehre Spinozas. Ihre Verflechtung mit dem System und ihre Verbindung mit der Überlieferung. Kant-Studien 32, (1927) S. 85-150.
  • Mielisch, Gustavus: Quae de affectuum natura e viribus Spinoza (Ethices p. III et IV) docuit, ita exponantur, ut, quantum fieri potest, exemplis illustrentur. Halis Sax., 1900.
  • Mulsow, Martin: Exemplum und Affektenlehre bei Georg Stengel. Archiv für Kulturgeschichte 73/2, (1991) S. 313-349.
  • Nenitescu, Joan: Die Affektenlehre Spinoza’s. Leipzig, 1887.
  • Ohlendorf, Ludwig: Hume`s Affektenlehre. Erlangen, 1904.
  • Pade, Roman: Die Affektenlehre des Johannes Ludovicus Vives. Ein Beitrag zur Geschichte der Psychologie. Münster, 1893.
  • Picard, Hans Rudolf: Die Darstellung von Affekten in der Musik des Barocks als semantischer Prozeß. Konstanz, 1986. (Kontanzer Universitätsreden, 157)
  • Schnabel, Alois: Johann Matthesons Musikanschauungen und seine Affektenlehre. Ein Beitrag zur Geschichte der Musikästhetik des 18. Jh. Breslau, 1920.
  • Schröder, Henning u.a.: (Art.) Affekt, in: Theologische Realenzyklopädie. Hg. v. Gerhard Krause u. Gerhard Müller. Bd. I. Berlin, 1977, S. 597-625.
  • Siraisi, Nancy G.: Disease and Symptom as problematic concepts in Renaissance medicine. In: Res Verba in der Renaissance. Hg. von Eckhardt Kessler und Ian MacLean. Wiesbaden, 2000. S. 217-240.
  • Stéphane, Lupasco: Du devenir logique et de l'affectivité. I. Le dualisme antagoniste et les exigences historiques de l'esprit. II. Essai d'une nouvelle théorie de la connaissance. Paris, 1935.
  • Valentin, Jean-Marie: Von der neuscholastischen Affektenlehre zur "tragoedia christiana". Zur Entstehung des barock-katholischen Tauerspiels. In: Die Affekte und ihre Repräsentation in der deutschen Literatur der Frühen Neuzeit. Hg. von J.-D. Krebs. Bern u.a., 1996. S. 175-188.
  • Zur Mühlen, Karl-Heinz: Affekt II, in: Theologische Realenzyklopädie. Hg. von G. Krause u. G. Müller. Berlin/New York, 1977, Bd. 1, S. 599-612.

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